Samstag, 17. Mai 2025
1. Kapitel: Snjólfur (6)
Er wußte genau, daß es die Fleischeslust war, von dem die Heiligen in ihren Legenden erzählten, Begehren, das er versprochen hatte, mit der Wurzel auszureißen. Und obwohl er von der unschuldigen Sunniva und den heiligen Seljumännern lesen sollte, die ihm und anderen Vorbilder sein sollten, konnte er nicht anders, als an diese bezaubernden, wohlerzogenen Mädchen zu denken, als wären sie auf der Erde, dazu geschaffen, zu lieben und sich zu freuen und das Leben der Männer zu verschönern, nicht dazu, sich zurückzuhalten, das Gebot ihres Schöpfers zu mißachten und in den Mühen des heiligen Lebens und Zölibats zu vertrocknen. Diese Heiligen, die von den Sagenschreibern so hoch gepriesen wurden, haßte er, und wenn er in der Wikingerzeit gelebt hätte …
Er dachte nicht weiter. Eine sonderbare Welle floß durch alle seine Adern, wie ein berauschender Trank. Er biß die Zähne zusammen und las und las, ohne jedes Wort zu verstehen.
Der Text der Sage verschwamm vor seinen Augen wie eine Strömung im Fluß und lief durch sein Bewußtsein, ohne dort eine Spur zu hinterlassen.
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2. Kapitel: Helga (1)
Die Tür wurde hinter ihm geöffnet, und die Hausherrin Helga stand in der Tür. „Guten Tag, Pater“, sagte sie. „Störe ich dich in deiner heili...
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Links und rechts von ihm lagen Kalbslederbände, einige alt, mit dichtbeschriebenen Seiten und rosengeschmückten Anfangsbuchstaben, andere ne...
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Die Tür wurde hinter ihm geöffnet, und die Hausherrin Helga stand in der Tür. „Guten Tag, Pater“, sagte sie. „Störe ich dich in deiner heili...
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Der Kanoniker Snjólfur saß in seiner Kammer und las in einem alten Buch, das in Kalbsleder gebunden war.
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